
Es gibt Notwendigkeiten und immer wieder Versuche, Führungskräfte zu kategorisieren. Je moderner die Modelle, desto komplizierter sind sie meist auch. Sie klingen in der Theorie dann meist sehr ansprechend, lassen sich aber in der Praxis nicht umsetzen. Gibt es Kategorisierungsmöglichkeiten, die einfach und anwendbar sind? Finden wir es doch gemeinsam heraus…
Neues ist nicht immer besser, klingt aber angenehmer...
Schaut man sich heutige Kategorisierungsmodelle an so fällt auf, dass deren Schwerpunkt weniger auf der Erfüllung ihrer eigentlichen Aufgabe, nämlich der Kategorisierung liegt. Vielmehr wird versucht, durch ihre Aussagen keine Gefühle zu verletzen. Denn eine Aussage, die einen Menschen kategorisiert und damit der einen oder anderen Gruppe zuordnet, wird schon grundsätzlich als negativ empfunden. Folgen aus der Zuordnung für einzelne Personen entweder Vor- oder gar Nachteile, so empfinden einige Menschen diese als schlicht unerträglich. Sie sind aber notwendig. Das kann man jetzt blöd, doof oder gemein finden. Fakt ist, das hier mit Realitäten und nicht mit Wunschdenken gearbeitet werden muss.
Wenn ich mich im Sommer in eine Fußgängerzone stellen und rufen würde: „Wer möchte eine kalte Cola umsonst haben?“ Gäbe es theoretisch genau zwei Möglichkeiten:
- Ich hätte beliebig viele Dosen Cola.
- Ich hätte eine begrenzte Zahl an Dosen Cola (zum Beispiel 10 Stück).
Wünschenswert wäre die erste Alternative. Doch in der Realität ist nur die zweite möglich. Das kann man sich anders wünschen, aber dadurch wird es nicht zur Realität. Also muss ich mir ein System überlegen, nachdem ich die Dosen verteilen möchte. Und das geht nur über Kategorisierung.
Nun kann ich zum Beispiel danach verteilen wann sich jemand gemeldet hat (first come / first serve). So erhalten also die ersten zehn Personen eine Dose. Oder ich gehe nach Aussehen, was natürlich absolut subjektiv wäre. Dann bekämen also nur die zehn hübschesten oder hässlichsten Menschen eine Dose. Ich könnte aber auch nach Körpereigenschaften wie Größe, Body-Mass-Index oder, oder, oder gehen. Es gibt so viele Möglichkeiten, eine Auswahl zu treffen. Natürlich kann ich auch Kriterien kombinieren. So könnten zum Beispiel die ersten zehn Frauen eine Dose bekommen oder gar die ersten zehn Männer. Wenn unsere Entscheidungsfrage nur lautet: „Wer bekommt eine Dose Cola? Sind sie alle mehr oder weniger praktikabel.
Für wichtige Entscheidungen aber, wie zum Beispiel, wer künftig eine Führungsposition in einem Unternehmen einer Organisation oder der Politik wahrnehmen soll, sind sie nicht zielführend.
Kurt (Curt) Gebhard Adolf Philipp Freiherr von Hammerstein-Equord war ein deutscher Heeresoffizier, der seine Dienstzeit im 3. Garde-Regiment zu Fuß der kaiserlichen Armee begonnen und später in der Reichswehr der Weimarer Republik gedient hatte. Nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 nahm er seinen Abschied aus der Armee, wurde aber im Rahmen der allgemeinen Mobilmachung 1939 für wenige Wochen reaktiviert. Wegen seiner „negativen“ Einstellung gegenüber dem Nationalsozialismus wurde er am 24. September 1939 endgültig in den Ruhestand versetzt. Er gehörte dem militärischen Widerstand gegen Adolf Hitler an.
Die oben beschriebenen Kategorisierungsmodelle werden meist nicht von Menschen erfunden, die selber Führungskräfte sind. Wodurch sich die Schwerpunktsetzung und die Scheu, anzuecken, erklären ließe. Ich meine damit nicht, dass es sinnvoll ist bewusst anzuecken. Ich sage lediglich, dass Führungskräfte Entscheidungen treffen müssen, die nicht immer jedem gefallen werden. Ob es einem gefällt oder nicht, ein gewisser Grad des „Aneckens“ muss in Kauf genommen werden. Kurt von Hammerstein-Equord hingegen war eine Führungskraft. Er wurde als preußischer Offizier geprägt und war zum Ende seiner Laufbahn General der Infanterie und Chef der Heeresleitung. Dieser Mann hat in zwei Weltkriegen und in anderen schwierigen Zeiten Menschen geführt. Dabei hatte er eine einfache und praxiserprobte, wenn auch nicht so freundliche Methode Kategorisierungen vorzunehmen.
Dumm vs. Intelligent // Faul vs. Fleißig
Kurt von Hammerstein-Equord stellte einst zur Unterscheidung und Eignung von Offizieren fest:
„Ich unterscheide vier Arten. Es gibt kluge, fleißige, dumme und faule Offiziere. Meist treffen zwei Eigenschaften zusammen. Die einen sind klug und fleißig, die müssen in den Generalstab. Die nächsten sind dumm und faul; sie machen in jeder Armee 90% aus und sind für Routineaufgaben geeignet. Wer klug ist und gleichzeitig faul, qualifiziert sich für die höchsten Führungsaufgaben, denn er bringt die geistige Klarheit und die Nervenstärke für schwere Entscheidungen mit. Hüten muss man sich vor dem, der gleichzeitig dumm und fleißig ist; dem darf man keine Verantwortung übertragen, denn er wird immer nur Unheil anrichten.“
Dieses Kategorisierungsmodell lässt sich auch heute noch uneingeschränkt auf Führungskräfte übertragen. Wobei diese Betitelungen sind natürlich wenig schmeichelhaft sind.
Aus persönlicher Erfahrung würde ich die Aussage, dass 90% der Führungskräfte dumm und faul sind durchaus teilen. Ob nun ein paar Prozentpunkte mehr oder weniger, darüber würde ich mich nicht streiten wollen. Eine empirische Erhebung hierzu könnte aber interessant werden. Dieser Personenkreis ist meist weder besonders motiviert, noch ausgebildet. Sie wollen in der Regel lediglich nicht negativ auffallen und erfüllen daher die Mindeststandards. Da derjenige, der wenig tut auch wenig falsch machen kann, wirkt die Aussage plausibel. Auch die Aussage, dass jene, die klug und fleißig sind das Rückgrat einer jeden Unternehmung darstellen, dürfte auch für jeden nachvollziehbar sein.
Schaut man auf die höchsten Ämter unseres Staates, so wurde von den Medien bereits mehrfach zwischen fleißig und faul unterschieden. Eine Person, die zurzeit eigentlich führen und öffentlich Präsenz zeigen sollte, tut dies aktuell nicht. Sie tritt kaum in Erscheinung. Ist das Dummheit oder gar Faulheit? Ich glaube nicht, dass wir bei der Person, an die ich dabei denke, von Dummheit sprechen können. Diese Person wird aktuell von allen Seiten massiv bedrängt, eine bestimmte Handlung vorzunehmen. Sie hält diesem Druck jedoch stand, gibt nicht nach und scheint somit die geistige Klarheit und Nervenstärke für schwere Entscheidungen mitzubringen. Auch ein gewisser Gard der Faulheit ließe sich aus ihrem vergangenen Wirken ableiten. Somit scheint auch hier von Hammerstein-Equords These, dass sich der Kluge und Faule für die höchsten Ämter qualifiziert, bestätigt.
Einer anderen Person, die jedem von uns bekannt sein dürfte hingegen, kann man Faulheit nun wirklich nicht unterstellen. Sie ist sehr fleißig und umtriebig. Wer aber angesichts des Krieges in der Ukraine nun seinen moralischen Kompass unreflektiert über Bord wirft zeigt ganz eindeutig, dass Angst kein guter Ratgeber ist und zu dummen Entscheidungen führt. Dass Angst besteht, ist nachvollziehbar und verständlich. Denn jedem Menschen macht Angst, was er nicht versteht. Wer jahrzehntelang in einer Traumblase gelebt, aktiv die Augen verschlossen und die irdischen Realitäten abgelehnt hat, erschrickt, wenn er durch Ereignisse vor der eigenen Haustür aufweckt wird. Dann muss eingeräumt werden, dass es für diese Person vollkommen überraschend kam. Der kluge Mensch stoppt hier und reflektiert seine Fehler. Der dumme Mensch beharrt darauf, dass es auch für alle anderen überraschend gewesen sein müsse. Selbst dann, wenn bereits seit mehr als acht Jahren von verschiedenen Seiten nachdrücklich gewarnt wurde. Der intelligente Mensch würde in solch einer Situation das Anwenden, was er gelernt hat. Er würde seine ihm zugewiesene Aufgabe erfüllen, um die Lage zu verbessern. Dieser intelligente Mensch, der zum Beispiel „vom Völkerrecht kommt“ und maßgeblich mit diplomatischen Aufgaben betraut ist, würde sich nun nicht als Militärexperte ausgeben. Insbesondere dann nicht, wenn keinerlei Kenntnisse auf diesem Gebiet vorliegen. Das System Hammerstein-Equord scheint also theoretisch zu funktionieren. Und ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, in der Praxis funktioniert es auch. Wenn Sie es jedoch in Ihrer Firma anwenden, dann sollten Sie die Ergebnisse aber nicht laut kommunizieren. Sie könnten damit Gefühle verletzen.
Ist es nicht auch aus Ihrer Sicht sinnvoll, Menschen hin und wieder zu kategorisieren. Denn wer Menschen führen will, muss Menschen mögen. Aber dennoch muss er auch unangenehme Entscheidungen treffen. Wenn Sie bei der Personalauswahl Hilfe benötigen, ist das keine Schande. Es zeigt nur, dass Sie die Entscheidung nicht unüberlegt und leichtfertig treffen wollen. Gerne unterstütze ich Sie dabei.